Samstag, 7. Mai 2016

Schecken

Hallo ihr Lieben,

nun grünt und blüht es in der Natur, die Tage werden länger und damit das Licht und der Hintergrund für Fotos schöner. ;) Was ich damit sagen will: Ich hab Fotos von einigen Schneiderarbeiten aus dem letzten halben Jahr gemacht, die ich euch bis jetzt schuldig geblieben bin.

Es handelt sich um zwei kurze Schecken mit fixierten Falten, wie sie häufig  auf Bildern, Drucken u.a. Bildquellen der 1460-80er zu sehen sind. Die Grundform wird durch unterschiedliche Details, wie Verschlüsse, Kragen, Länge, Schlitzungen, Ärmelform, etc. variiert.



Zuerst eine geschlitzte, bzw. "zerhauene" Schecke, ähnlich der, die ich 2014 schon einmal genäht und vorgestellt habe.
Sie ist aus einem blauen, mittleren Wollköper gefertigt. Die Ärmel sind an der rückwärtigen Naht von Mitte des Oberarms bis Mitte des Unterarms offen, da der Träger die Schecke über der Rüstung anziehen möchte und das Armzeug zu sehen sein soll.
Verschlossen wird die Schecke von unten bis zur Taille mit Häckchen und Ösen, oben steht sie offen und wird nur am Halsausschnitt mit einer dicken, 4farbig gekordelten Nestel gehalten.


Die andere Schecke ist, wie ich finde, schön schlicht, mit geraden Ärmeln und ohne Schnickschnack.
Aus einem schönen leichten olivgrünem Kammgarn-Wollköper mit geraden, geschlossenen Ärmeln. Vorn nach oben offen stehend, so dass man das gelbe Brusttuch und die Schnürung vom darunter liegendem Wams sehen kann.
Ebenfalls "neue" Sachen (weil ich sie euch hier noch nicht gezeigt hab) sind Hose und ein neuer Hut.
Die Hose ist aus zwiebelgefärbten Stoff und hat nun schon zwei, drei Veranstaltungen hinter sich. Leider bleicht das Gelb recht stark aus, wie man auf den Fotos sehen kann. Unten an den Waden, wo manchmal die Strümpfe drüber liegen ist es noch ein schönes gelb, darüber ist es eher bleich.
Der Hut ist ein neues Modell von Christoph selbst gemacht, nach einem Schnitt von Meister E.S., "Das Marthyrium des Hl. Sebastian" (siehe oben). Der Armbrustschütze trägt dort einen solchen Hut mit Hutband. Und hier komme ich wieder ins Spiel: Der Seidenstoff dafür habe ich mit Indigo und Indigo-Krapp gefärbt.


Sonntag, 17. Januar 2016

Spinnkurse

Für alle die auch gern mal so richtig Spinnen und am Rad drehen wollen!

Ab diesem Jahr gebe ich Spinnkurse für Handspindel und Rad im hallischen Strickcafé Fadenliebe.
Termine und weitere Infos findet ihr hier:

Kleid mit angesetztem Rockteil

Nicht das ihr denkt, ich hab in der ganzen Zeit, in der es hier keine Blogeinträge gab nix gemacht!

Nach der Arbeit und an vielen Wochenenden hab ich mit meinem Freund zusammen Sachen für unsere Darstellung genäht. Da ich euch gern Bilder hier zeige, wir es aber noch nicht geschafft haben alles zu fotographieren, folgen die Einträge dazu erst, wenn es schöne Fotos von den Sachen gibt.

Von einem Teil gibt es aber schon Fotos und desshalb möchte ich es jetzt endlich vorstellen:
Mein erstes Kleid mit angesetztem Rockteil.
Es ist schon seit letztem Spätsommer fertiggestellt und wurde aus dem zweiten Zug der Krappfärbung vom Juli 2014 gefertigt.

Das Kleid ist als Überkleid gedacht, d.h. es wird als dritte Schicht nach Leinenhemdchen und Wollkleid/Hauskleid getragen.
Schon in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts sieht man bei flämischen Malern (z.B. bei van der Weyden, van der Goes und Bouts) vor allem Maria Magdalena in einem sehr engen Kleid mit angesetztem Rockteil. Ab ca. 1470 finden sich auch zahlreiche Bildbelege für solche Kleider im deutschsprachigem Raum. Während davor die Kleider von Schulter bis Saum aus einem Stück bestanden und die Rockweite allein durch den Einsatz von Keilen erreicht wurde, finden sich nun Kleider mit einer waagerechten Naht, die Brust- und Rockteil voneinander abteilt. Häufig ist der Rockteil an dieser Linie entlang in Falten gelegt oder gerafft. Damit hebt sich noch einmal mehr der körperenge Schnitt bis zur Taille von dem meist ausladenden Rockteil ab.
Ausschnitt und Ärmel variieren in ihrer Form. Die Verschluss erfolgt über eine Schnürung seitlich oder frontal, oder über Häckchen und Ösen, die auf der Innenseite der Frontlinie angebracht sind. Häufig erkennt man auf den Bildquellen auch eine Fütterung des Kleides, durch eine andere Farbgebung bei umgeschlagenen Rocksäumen oder Ärmeln.
 
     1 Dirk Bouts, Kreuzabnahme, Triptychon, 1455      2 Hugo van der Goes, Kreuzigung, Kalvarienberg-Triptychon, 1465-68
     3 Rogier van der Weyden, Kreuzabhnahme, um 1430-35
     4 Dirk Bouts, Beweinung Christi, 1460
     1 Umfeld Pleydenwurff, Altarbild Leipziger Marienkirche, ca. 1480     2 Martin Schongauer, Martyrium der Hl. Ursula, Federzeichnung, 1475-90
     3 Künstler unbekannt, Geburt Mariens, Flügelaltar, Salzburg, 1475
     4 Meister der Augsburger Heimsuchung, Bethlehemitischer Kindermord, Tafelmalerei, 1480
     5 Werksatt Michael Pacher, Maria Geburt, 1498
Mein Kleid ähnelt von der Form her am stärksten dem Grünen auf Bild 3 unten.
Der Oberstoff ist ein Wollköper von mittlerer Qualität (500g/lfm) und wie schon gesagt mit Krapp in einem Rot-Orange gefärbt.
Es hat lange Ärmel und einen Frontverschluss durch Häckchen und Ösen. Die Öffnung geht dabei einige Zentimeter in den Rockteil hinein, so dass es gut möglich ist, das Kleid nach unten über die Hüften auszuziehen, ohne die Haube auf dem Kopf in Mitleidenschaft zu ziehen.
Der Rockteil ist in Falten gelegt und so an den oberen Teil angesetzt.
Ich habe mich für ein schlichtes, weißes Wollköper leichter Qualität (350g/lfm) als Futterstoff entschieden, damit ich bei kühleren Temperaturen nicht mehr so frieren muss. Da mir das Tragegefühl einfach so besser gefällt, habe ich mich entschieden, die Ärmel ungefüttert zu lassen.

Als ich den Stoff für das Kleid gefärbt habe dachte ich, dass drei Meter reichen sollten. Beim Aufzeichnen des Schnittes wurde es dann aber ganz schön eng und so musste ich bei der Saumweite ein paar Abstriche machen. Statt den angestrebten 4 m musste ich mit 3,20 m vorlieb nehmen. Das ist insofern etwas Schade, weil dadurch der Faltenwurf nicht in dem Maße zur Geltung kommt und auch ein paar Lagen Stoff zum Wärmen fehlen. Durch das Wollfutter wird aber wenigstens der letzte Punkt wieder aufgewogen.

Und hier nun ein paar Bilder von der Entstehung bis zum fertigem Kleid:

Im Éntstehen: Rockteil in Falten legen - Zuschnitt Brustteile - Zuschnitt Ärmel

Anprobe ohne Futter - Futter einnähen - fertiges Kleid